Armin Dadieu

Armin Dadieu (* 20. August 1901 in Brunndorf, Österreich-Ungarn; † 6. April 1978 in Graz) war ein österreichischer Chemiker, nationalsozialistischer Politiker und ranghoher SS-Offizier.

Leben

Armin Dadieu wurde 1901 in Brunndorf bei Marburg an der Drau als Sohn des Bahninspektors Josef Dadieu und dessen Frau Friederike Pelkhofer geboren. Die Familie wurde 1919 aus dem Königreich Jugoslawien ausgewiesen.[1]

In Marburg an der Drau war er zunächst an der Volksschule und dann an der Oberrealschule, die er 1919 mit der Matura abschloss. Im Herbst 1919 begann er ein Chemiestudium an der Technischen Hochschule in Graz. Er gehörte dem ATV Graz[2] und dem Alpenverein an. Das Studium beendete er 1923 als Diplomingenieur und war danach wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TH Graz.[3] 1924 legte er die Lehramtsprüfung für die Fächer Chemie, Physik und Mathematik ab, wurde aber nicht Lehrer, sondern setzte sein Studium fort. 1926 promovierte er mit der Arbeit Über das elektromotorische Verhalten des Aluminiums zum Dr. techn. Im Sommer 1929 habilitierte sich Dadieu an der Technischen Hochschule, 1930 an der Universität in Graz. Im März 1932 wurde er außerordentlicher Professor für anorganische und physikalische Chemie. 1935 erhielt er den Lieben-Preis (den „österreichischen Nobelpreis“) für seine Arbeit im Bereich der Raman-Spektroskopie.

Dadieu war auch politisch aktiv, zunächst von 1927 bis 1930 beim Steirischen Heimatschutz. Zum 18. Juni 1932 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 1.085.044).[4][3] 1938 gab er an, während der illegalen Zeit dieser Partei in Österreich in seinem Institut heimlich Sprengkörper für sie hergestellt zu haben. Außerdem habe er 1937 illegal für Hermann Göring Forschung betrieben und für diesen einen Nachrichtendienst eingerichtet. 1936 wurde er „Volkspolitischer Referent“ der Vaterländischen Front in der Steiermark und arbeitete verdeckt für die in Österreich verbotene NSDAP. 1938 organisierte Dadieu dann NS-Kundgebungen und erhielt nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 den Posten des Landesstatthalters und Gauhauptmanns im Gau Steiermark. Außerdem war er im Juli 1936 der SS (SS-Nummer 292.783) beigetreten und wurde bis November 1938 zum SS-Standartenführer befördert.[5] Bis 1941 war er zudem Gauwirtschaftsberater der NSDAP im Gau Steiermark und Leiter der Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie. Von Juli 1940 bis Juli 1941 nahm Dadieu als Stuka-Pilot am Zweiten Weltkrieg teil. 1942 wurde er zum SS-Oberführer ernannt, von 1943 bis 1945 war Dadieu Gaudozentenbundführer in der Steiermark.

Der steirische Gauleiter Sigfried Uiberreither übergab am 8. Mai 1945 die Geschäfte seinem innerparteilichen Gegner, dem gemäßigteren Dadieu. Dieser enthob noch zu Mittag alle Kreis- und Ortsgruppenleiter der NSDAP in der Steiermark ihrer Funktionen und ordnete an, dass dem Nerobefehl nicht Folge zu leisten sei.[6] Dadieu wurde zunächst von Soldaten der Roten Armee festgenommen, konnte aber nach kurzer Haft fliehen. Am 13. Januar 1946 erschien sein Name auf einer Kriegsverbrecherliste in der Wiener Zeitung. Im März 1948 wurde er in Tirol verhaftet und wieder auf freien Fuß gesetzt, was er dazu nutzte, über die Grenze nach Italien und von dort nach Argentinien zu flüchten. Dort wurde er Berater der Regierung, vor allem zum Thema Raketentreibstoffe (Argentinische Cóndor-Rakete). Österreich erklärte Dadieus Vermögen 1950 für verfallen, ein gegen ihn laufendes Verfahren wurde eingestellt.

Seine Tochter Renate heiratete 1956 Imo Moszkowicz.

1958 verließ Dadieu Argentinien wieder und trat eine Stelle am Institut für Strahlantriebe in Stuttgart an. Seit 1962 leitete er das Institut für Raketentreibstoffe in Stuttgart, seit 1970 dann das Institut für Chemische Raketenantriebe in Lampoldshausen. Als Pensionär lebte er wieder in Graz.[7]

Er gehörte den Ausschüssen für Transportsysteme des Apollo-Nachfolgeprogramms und für die Trägerrakete EUROPA-III an.

Er arbeitete für die OTRAG sowie als Gutachter der Bundesregierung in Sachen OTRAG.

Veröffentlichungen

  • mit Karl W. F. Kohlrausch: Studien zum Ramaneffekt. 1929.
  • Raketentriebstoffe. 1968.

Literatur

  • Soukup, Pohl: Die wissenschaftliche Welt von gestern. 2004, S. 295.
  • Wolfgang Graf: Österreichische SS-Generäle. Himmlers verlässliche Vasallen, Hermagoras-Verlag, Klagenfurt/ Ljubljana/ Wien 2012, ISBN 978-3-7086-0578-4.
  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik. Heidelberg 2004, S. 36.
  • Armin Dadieu: Aus meinen Aufzeichnungen 1938–1945. In: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz. 10, 1978.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. graz.at: Armin Dadieu, Politiker (Memento vom 6. Juni 2011 im Internet Archive)
  2. Gerhard Hartmann: Für Gott und Vaterland: Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 426, 432.
  3. a b Wolfgang Graf: Österreichische SS-Generäle. Himmlers verlässliche Vasallen, Klagenfurt/ Ljubljana/ Wien 2012, S. 155.
  4. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/5670664
  5. Bundesarchiv R 9361-III/520525
  6. Stefan Karner: Die Steiermark im Dritten Reich 1938–1945. 3. Auflage. Leykam Buchverlag, Graz 1986, ISBN 3-7011-7302-8, S. 391–423. 
  7. Wolfgang Graf: Österreichische SS-Generäle. Himmlers verlässliche Vasallen, Klagenfurt/ Ljubljana/ Wien 2012, S. 159.
Professuren für Technische Chemie an der Technischen Universität Graz

1. Institut für Biochemie: Lorenz Chrysanth von Vest (1812–1829) | Josef Heyne (1832–1835) | Franz Unger (1835–1849) | Georg Bill (1850–1870) | August Wilhelm Eichler (1871–1873) | August Mojsisovics von Mojsvár (1880–1898) | Hans Molisch (1890–1894) | Friedrich Reinitzer (1895–1927) | Arthur von Heider (1906–1920) | Franz Fuhrmann (1917–1943) | Georg Gorbach (1948–1970) | Friedrich Paltauf (1974–2001) | Peter Macheroux (seit 2004)

2. Institut für Anorganische Chemie: Anton Schrötter von Kristelli (1832–1843) | Johann Gottlieb (1846–1875) | Richard Maly (1875–1887) | Zdenko Hans Skraup (1886–1887) | Friedrich Emich (1888–1931) | Armin Dadieu (1932–1940) | Gustav Franz Hüttig (1947–1958) | Ulrich Wannagat (1961–1966) | Edwin Hengge (1966–1997) | Frank Uhlig (seit 2003)

3. Institut für Chemische Technologie von Materialien: Karl Leonhard Heinrich Schwarz (1865–1890) | Benjamin Reinitzer (1890–1926) | Rudolf Andreasch (1900–1923) | Alois Zinke (1923–1927) | Gustav Jantsch (1927–1938) | Reinhard Seka (1928–1945) | Robert M. Müller (1940–1945) | Gustav Jantsch (1945–1953) | Anton Wacek (1949–1966) | Heribert Grubitsch (1954–1976) | Klaus Hummel (1971–1998) | Karl Kordesch (1977–1992) | Friedrich Frenzel (1981–1997) | Friedrich Hilbert (1981–1998) | Gerhard Herzog (1981–2000) | Klaus Yvon (1989–1990) | Jürgen Besenhard (1993–2007) | Martin Winter (2007–2008) | Franz Stelzer (2002–2016) | Martin Wilkening (seit 2012) | Paul Hartmann (seit 2018) | Gregor Trimmel (seit 2019)

4. Institut für Physikalische und Theoretische Chemie: Karl Torkar (1963–1981) | Harald Krischner (1973–1992) | Harald Paulson Fritzer (1981–2000) | Günter Grampp (1994–2016) | Georg Gescheidt-Demner (seit 2004) | Paolo Falcaro (seit 2016)

5. Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie: Karl Torkar (1963–1981) | Hans Spitzy (1963–1979) | Kurt Müller (1975–1994) | Günter Knapp (1980–2009) | Werner Pfannhauser (1993–2008) | Ingo Klimant (seit 2001) | Erich Leitner (seit 2019)

6. Institut für Organische Chemie: Hans Weidmann (1966–1990) | Herfried Griengl (1977–2006) | Rolf Breinbauer (seit 2007)

7. Institut für Chemie und Technologie Biobasierter Systeme: Karin Stana Kleinschek (seit 2019) | Tanja Wrodnigg (seit 2020)

Normdaten (Person): GND: 139767037 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: no2003109657 | VIAF: 102616319 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Dadieu, Armin
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Chemiker und Raketenexperte
GEBURTSDATUM 20. August 1901
GEBURTSORT Brunndorf
STERBEDATUM 6. April 1978
STERBEORT Graz